Gesellschaft der Freunde der Klosterruine Sankt Wigbert Göllingen e. V.

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Ein falscher Heiliger im Kloster

Auch an einem Klosterort geschehen manchmal kuriose Dinge. Ein falscher Heiliger hat sich ins Kloster geschlichen. Am 9. Oktober 2025, dem Gedenktag für den heiligen Gunther wurde am Kloster Göllingen eine 40 cm große Holzstatue, die den heiligen Gunther von Thüringen darstellen soll, feierlich enthüllt. Die geschnitzte Holzfigur zeigt einen bärtigen Mann in dramatischer Pose, der sich auf einen von einem doppelten Kreuz mit einer Glocke bekrönten, langen Stab stützt. Er trägt eine Mönchskutte und hat eine Trinkflasche dabei.

Angeblicher heiliger Gunther

Solche Figuren können im Internet bei verschiedenen Händlern wahlweise als heiliger Antonius, als heiliger Adalbert und tatsächlich auch als heiliger Gunther von Thüringen bestellt werden. Beworben werden diese Figuren mit "Schnitzereihandwerk", "individuelle Werke", "beste Qualität" und "eigene Werkstatt". Kostenpunkt in der Größe der Göllinger Figur gut 500 Euro, Lieferzeit 2-4 Tage. Am Aufstellungsort in Göllingen ist auf einer Tafel unter der Figur zu lesen, dass die Figur mit Pilgerstab, Gebetskette und Wasserschlauch Symbole des heiligen Gunthers zeigen würde. Dies trifft nicht zu, das wichtigste Kennzeichen des heiligen Gunther ist die Rodungshacke, mit der er den Gunthersteig durch Bayerischen und Böhmerwald angelegt hat. Weitere Attribute sind ein Buch, ein Haus oder der Pfau. Der angebliche Pilgerstab der Göllinger Statue trägt keine Jacobsmuschel, sondern ein Patriarchalkreuz, Zeichen eines Erzbischofs.

Über Geschmack lässt sich natürlich streiten, diese Figur aber ist kitschige Massenware ohne individuellen Bezug zum heiligen Gunther oder zu Göllingen. Schade, dass diese Aktion heimlich und ohne Absprache mit den Personen, die sich seit Jahren um eine würdige Ehrung des heiligen Gunther am Klosterort Göllingen bemühen, durchgeführt wurde. Schade, dass auch die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten den falschen Heiligen - wer auch immer ihn in Auftrag gegeben hat - auf ihrer Liegenschaft akzeptiert hat und wohl auch bei der Enthüllungs-Zeremonie beteiligt war. Da hätte man besser jemand gefragt, der sich mit so etwas auskennt. In einer gemeinsamen Aktion hätte ein Werk mit künstlerischer Qualität und Ausdruckskraft beschafft werden können. Dies hätte dann auch – ganz im Sinne unseres Heiligen – ein Symbol für Frieden und Versöhnung am Kloster Göllingen sein können. So wird der Klosterort zum Kuriositätenkabinett. In doppelter Hinsicht schlechter Stil, verschwendetes Geld und eine vertane Chance. 

Update: Am 11.10., dem Tag der offiziellen Feier des Gunthertages 2025, war die ominöse Guntherstatue schon wieder verschwunden.

Update 2: Nach einem Gespräch mit dem Göllinger Ortsteil-Bürgermeister Harry Hettler am 12.10. konnte sowohl die Herkunft, als auch das plötzliche Verschwinden des Pseudo-Gunthers geklärt werden. Die Statue wurde auf Beschluss des Göllinger Ortsteilrates gekauft. Dazu wurden auf Antrag einer Bürgerin Mittel verwandt, die für kulturelle Zwecke im Ortsteil zur Verfügung stehen. Die Statue ist wieder verschwunden, da für sie erst noch eine Vitrine beschafft werden soll, damit die kostbare Statue geschützt aufgestellt werden kann.

Das ist ja nun wirklich schon wieder beinahe lustig, dass eine weltliche Kommune im säkularen Osten Deutschlands eine Heiligenfigur kauft. Da kann man sicher ein Auge zudrücken, wenn es nicht ganz der richtige Heilige ist und es auch nicht für ein künstlerisch wertvolles Werk gereicht hat ;-)

Kleiner Hinweis: Holzskupturen aus der Region